Ich kann nicht in einem Glaskasten arbeiten.
Als ich an der Uni Stuttgart studierte, konnte ich es absolut nicht verstehen, dass andere Studenten in der Stadtbibliothek lernen. Es ist ein Gebäude mit einem „Loch in der Mitte.“
Die Treppe führt in den ersten Stockwerk und um dieses „Loch“ stehen Schreibtische von allen Seiten mit Glaswänden umgeben und jeder, wahrlich jeder, kann in diese Glaskasten reinschauen. Studenten, wie meine Freundin Daniela, mieteten sich diese höchstens zwei Quadratmeter großen Räume, um dort zu arbeiten.
„Warum lernst du nicht zu Hause? Warum bezahlst du Geld für diesen Raum“, habe ich sie gefragt. Sie antwortete: „Zu Hause kann ich mich nicht konzentrieren. Hier lenkt mich nichts ab. Von allen Seiten schauen mir Leute zu. Ich habe keine andere Wahl als zu lernen.“
Ich hielt sie fast für verrückt. Denn ich konnte locker ohne Probleme stundenlang in meinem Zimmer arbeiten und dieses „immer angeschaut zu werden“ hätte mich verrückt gemacht.
Als ich Mama geworden bin, verstand ich schnell, dass es besser ist, wenn ich die Kinder mit meinem Mann zu Hause lasse und ins Büro gehe, um meine Arbeit zu erledigen. Dort hat man doch mehr Ruhe.
Später setzte ich mich in ein Café, um zu arbeiten, sogar als die Kinder im Kindergarten waren, damit ich von der „Unordnung“ zu Hause nicht abgelenkt werde. Sonst dachte ich schnell: „Ach, jetzt räume ich noch das weg. Jetzt schalte ich noch schnell die Wachmaschine an.“
Und jetzt – jetzt bin ich inmitten meines Traumlebens, wenn ich in verschiedenen Cafés mal hier mal da sitze und schreibe. Ich schreibe an meinen Artikeln und Büchern und ich liebe es. Es ist für mich das tollste Gefühl der Welt, reisen und schreiben zu dürfen.
Es sind die tausenden Kleinigkeiten, die ich so interessant finde: Welche Sorten von Kaffee gibt es hier? Was kostet der Latte Macchiato? Wie sind die Wände gestrichen? Wie ist die Einrichtung? Was sieht man aus dem Fenster? Wie sind die Menschen drauf? Und vor allem gibt es hier neue Sorten von Kuchen?
Vielleicht hatten die Stuttgarter Studenten doch Recht: Um einen Traum zu verwirklichen, braucht man den richtigen „Raum“. Wenn man in Ruhe lernen will, ist es vielleicht ein Glaskasten. Wenn man Sport treiben möchte, ist es für die einen ein Fitnessstudio für die anderen ein einsamer Waldweg zum Joggen.
Am richtigen Ort ist man jedenfalls seinem Traum viel näher als sonst woanders.